Wirkungen der Feldenkrais-Methode 'Bewußtheit durch Bewegung' bei eßgestörten Patienten im Rahmen einer stationären Therapie

Publication Type:

Journal Article

Authors:

U

Source:

Feldenkrais Research Journal, IFF Academy, Volume 1, p.17 (2004)

Abstract:

Das Ziel der vorliegenden Arbeit war, Wirkungen der Feldenkrais-Gruppenmethode 'Bewußtheit durch Bewegung' bei eßgestörten Patienten im Rahmen eines stationären Therapieprogramms zu erfassen. Ausgehend von der geschichtlichen Entwicklung der Feldenkrais-Methode und ihrer Einordnung in die Vielfalt körper- und bewegungstherapeutischer Verfahren werden zunächst die theoretischen Grundlagen der Methode erläutert, um dann näher auf die grundlegenden Prinzipien der Gruppenmethode einzugehen und verschiedene Anwendungs- und Forschungsgebiete anzudeuten. Anschließend erfolgt die Darstellung von Symptomatik, diagnostischen Kriterien, Epidemiologie sowie Erklärungs- und Behandlungsansätzen der drei Eßstörungsformen Anorexia nervosa, Bulimia nervosa und Adipositas und ihrer Gemeinsamkeiten, sowie eine Beschreibung des Behandlungskonzepts von Eßstörungen der Psychosomatischen Klinik, in der die Untersuchung durchgeführt wurde.
Aus der Wirkmöglichkeit einer körper- und bewegungstherapeutischen Herangehensweise an die Problematik der Eßstörungen geht schließlich die Fragestellung und Zielsetzung der empirischen Untersuchung hervor. Um im Rahmen eines integrativen stationären Therapieprogramms die Wirkungen eines Feldenkraiskurses herauszufiltern, wurden anhand von Fragebögen Veränderungen in den Bereichen der Zufriedenheit und Akzeptanz des eigenen Körpers, der psychischen Befindlichkeit und weiteren eßstörungstypischen Bereichen erfaßt. Eine weitere Frage bezog sich auf die individuellen Erfahrungen der Kursteilnehmer.
Für den quantitativen Teil der Untersuchung kam dabei ein Fremdwartegruppen-Design zur Anwendung. Eine Gruppe von 15 eßgestörten Patienten (mit Anorexia nervosa, Bulimia nervosa und Adipositas) nahm zusätzlich zur Standardtherapie an einem speziell auf die Eßstörungsproblematik abgestimmtem Feldenkrais-Kursprogramm mit neun Terminen innerhalb von vier Wochen teil. Diese Gruppe wurde mit einer weitgehend parallelisierten Kontrollgruppe verglichen, die Standardtherapie ohne Feldenkrais erhielt. Die Patienten beider Gruppen nahmen im Untersuchungszeitraum an keiner anderen bewegungstherapeutischen Behandlung teil. Nach Abschluß des Kurses wurden zusätzlich mit den Teilnehmern der Experimentalgruppe Interviews durchgeführt.
Die quantitativen Ergebnisse zeigten Verbesserungen in der Zufriedenheit mit eßstörungsspezifischen problematischen Körperzonen und der eigenen Gesundheit, sowie der Akzeptanz und Vertrautheit mit dem eigenen Körper. Weiter zeigte sich eine Zunahme von spontanem und selbstsicherem Verhalten, die Abnahme eines Gefühls der Hilflosigkeit sowie des Wunsches, in die Sicherheit der frühen Kindheit zurückzukehren.
Die qualitativen Ergebnisse, die sich auf offene Fragen und Interviews stützten, weisen auf die Förderung der Körperbewußtheit, Klärung des Körperbildes und die entspannende und angenehme Wirkung der Stunden hin. Es wurden Tranceerfahrungen und - insbesondere während der Atemstunden - emotionale Erlebnisse berichtet. Sieben Teilnehmer gaben positive Wirkungen in bezug auf ihre Eßstörungsproblematik an. Die angesprochenen Bereiche sind dabei die übermäßige gedankliche Beschäftigung mit Essen, Figur und Gewicht, Veränderungen des Körperbildes, die Wahrnehmung innerer Reize wie Hunger und Sattheit sowie alternative Verhaltensweisen bei einem Heißhungeranfall. Für manche Kursteilnehmer ergaben sich allerdings in bestimmten Stunden auch Probleme wie Übelkeit oder Schwindelgefühle. Schließlich wurde von einer Integration von Übungselementen in den Alltag berichtet und acht Personen bekundeten ihr Interesse an einer Fortsetzung des Kurses und weiterer Beschäftigung mit der Feldenkrais-Methode.

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